Der Wirksamkeitsvermerk
von Wolfgang Lüdecke, Bürovorsteher,
Saarbrücken
"Bestellt der Verkäufer, dem dies im Kaufvertrag
gestattet ist, zu Lasten des Kaufgrundstückes ein
Grundpfandrecht, so ist die Eintragung eines Vermerks in das
Grundbuch statthaft, aus dem sich ergibt, daß das
Grundpfandrecht gegenüber der rangbesseren Auflassungsvormerkung
des Käufers wirksam ist; der Vermerk ist sowohl bei der
Auflassungsvormerkung als auch bei dem Grundpfandrecht
einzutragen."
BGH - V ZB 34/98 vom 25.3.99, DNotI-Report 10/99.
Dieser Beschluß des BGH vom 25.3.1999 - V ZB 34/98 - ist für
mich Anlaß, den Wirksamkeitsvermerk im RENO-Report vorzustellen.
Ich möchte hier nicht die theoretischen Fragen betrachten,
sondern eine genaue Anleitung geben, wie mit diesem Instrument in
der Praxis gearbeitet werden kann.
Vorbemerkung
Seit mehr als zwei Jahren arbeiten wir bei der Abwicklung von
Kaufverträgen, bei denen der Kaufpreis finanziert und diese
Finanzierung durch Grundpfandrechte gesichert wird, anstelle der
Rangänderung mit dem Wirksamkeitsvermerk, der in der letzten
Zeit häufig Gegenstand von Entscheidungen und Veröffentlichungen
war. Der BGH hat den Streit über die Zulässigkeit des
Wirksamkeitsvermerkes beendet.
Worum geht es hier?
Nach Unterzeichnung eines Kaufvertrages wird üblicherweise
zuerst einmal eine Eigentumsvormerkung (Auflassungsvormerkung) für
den Käufer im Grundbuch eingetragen, die bewirkt, daß alle späteren
Eintragungen, die das mit der Vormerkung belastete Grundstück
betreffen, dem Käufer gegenüber relativ unwirksam sind.
Relativ unwirksam heißt jedoch nicht, daß solche
Eintragungen nicht möglich wären.
Der Käufer, der den Kaufpreis finanziert und dafür der Bank
eine Grundschuld bestellt, will im Verhältnis zu seiner
Vormerkung und seiner Grundschuld diese Unwirksamkeit in
Wirklichkeit nicht.
Diese Grundschuldeintragung erfolgt also nicht gegen seinen
Willen, um seinen Grunderwerb zu vereiteln, sondern mit seiner
Zustimmung. Deshalb, so sagt es der BGH, ist eine Belastung des
Kaufgrundstückes mit einer Grundschuld, deren Eintragung im
Kaufvertrag - z.B. durch die Erteilung einer Belastungsvollmacht
- dem Käufer vom Verkäufer schon gestattet ist, nicht
vormerkungswidrig.
Notar Rudolf Lehmann aus Saarbrücken hat schon in seinem
grundlegenden Aufsatz von 1993 - NJW Heft 24 Jahrgang 1993 -
richtig empfohlen, die ausdrückliche Zustimmung in die Urkunde
über die Bestellung des Grundpfandrechtes aufzunehmen.
Damit gegenüber Dritten im Grundbuch klar wird, daß diese
Grundschuld nicht vormerkungswidrig, also dem
Vormerkungsberechtigten gegenüber nicht unwirksam ist, wird dann
bei der Vormerkung und der Grundschuld ein Wirksamkeitsvermerk
eingetragen.
Dies kennen wir auch schon von Belastungen, denen die durch
Nacherbenvermerk geschützten Nacherben zustimmen.
Literatur
Wenn Sie sich über die rechtlichen Grundlagen des
Wirksamkeitsvermerkes eingehend informieren wollen, empfehle ich
Ihnen zunächst den schon erwähnten Aufsatz von Lehmann, NJW
1993, Heft 24 - Vorrang oder Zustimmung - Wie wird ein
eigentumsvormerkungswidriges Finanzierungsgrundpfandrecht wirksam?
- .
Dort steht im Prinzip schon alles drin.
Sehr eingehend können Sie sich auch in der DNotZ 1999, Seite
967 ff, informieren. Dort hat Notar Dr. Peter Schubert aus Hof
den Aufsatz: Auflassungsvormerkung, Rangänderung,
Wirksamkeitsvermerk, oder: Der Rangrücktritt ist tot, es lebe
der Wirksamkeitsvermerk? geschrieben.
Im Beck´schen Kurz-Kommentar "Grundbuchordnung"
von Johann Demharter, 23., neubearbeitete Auflage, ist zu § 22
auf Seite 351 der Wirksamkeitsvermerk umfangreich mit Angabe
weiterer Literaturstellen dargestellt.
Wie wird mit dem Wirksamkeitsvermerk gearbeitet?
Der 1. Schritt:
Die Anpassung der Belastungsvollmacht im Kaufvertrag an die
Arbeit mit dem Wirksamkeitsvermerk.
Hier ein Beispiel für eine solche, angepasste
Belastungsvollmacht:
BELASTUNGSVOLLMACHT
1.Verkäufer bevollmächtigt
unwiderruflich Käufer, bei mehreren Käufern jeden für sich
allein, das über-
tragene Grundeigentum mit
Grundpfandrechten nebst Zinsen und Nebenleistungen in beliebiger
Höhe zu
Gunsten von Kreditinstituten und
Versicherungen zu belasten, in Ansehung dieser Grundpfandrechte
nebst
Zinsen und Nebenleistungen
a) den jeweiligen Eigentümer des
übertragenen Grundeigentums der sofortigen Zwangsvollstreckung
zu unterwerfen,
b) die für die rangrichtige
Eintragung der Grundpfandrechte nebst Zinsen und Nebenleistungen
sowie der Unterwerfungsklausel
notwendigen Erklärungen abzugeben, insbesondere auch Rangänderungen
zuzustimmen, Rangvorbehalte und Löschungsvormerkungen zu
bewilligen und zu beantragen,
c) Sicherungsabreden (Zweckerklärungen)
mit dem Grundpfandrechtsgläubiger mit den Einschränkungen zu
treffen, daß:
1. bis zur Zahlung des Kaufpreises
das Grundpfandrecht nur zur Finanzierung des Kaufpreises
valutiert und die Valuta gemäß den Anweisungen in diesem
Vertrag überwiesen wird,
2. das Grundpfandrecht erst nach
vollständiger Kaufpreiszahlung geltend gemacht oder darüber
verfügt werden kann,
3. der Verkäufer für den Fall
des Rücktritts vom Vertrag vor Eintragung des Eigentumswechsels
Zug um Zug gegen Rückzahlung der an ihn ausgezahlten oder beim
Notar hinterlegten Darlehensvaluten an die Gläubigerin Löschung
der Grundpfandrechte verlangen kann.
d)seine - des Käufers -
Zustimmung als Eigentumsvormerkungsberechtigter entgegenzunehmen,
wozu der Käufer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit
wird,
e) die Eintragung eines Vermerks
im Grundbuch des Inhalts zu beantragen, daß das Grundpfandrecht
gegenüber der Eigentumsvormerkung aus diesem Vertrag wirksam ist.
2. Inhalt der Vollmacht ist es, daß
sie nur wirksam ist, wenn von ihr vor dem amtierenden Notar
Gebrauch gemacht wird, welcher angewiesen wird, in die Urkunde über
die Bestellung des Grundpfandrechts die Einschränkung der
Sicherungsabreden (Zweckerklärungen) gemäß Abs. 1 c)
aufzunehmen.
Die Absätze d) und e) werden für den Wirksamkeitsvermerk benötigt.
Der 2. Schritt:
In die Grundschuldbestellungsurkunde nehme ich anstelle der
"normalen" Rangänderungserklärung folgende Zustimmung
mit Antrag auf Eintragung des Wirksamkeitsvermerkes auf:
Ich, der Eigentumsvormerkungsberechtigte aus dem Vertrag
vom/URNr., stimme der Grundschuld zu und beantrage, im Grundbuch
einzutragen, daß die Grundschuld gegenüber der
Eigentumsvormerkung aus dem Vertrag vom/ URNr., wirksam ist.
Der 3. Schritt:
Gleichzeitig mit der Grundschuld wird im Eintragungsantrag
auch der Wirksamkeitsvermerk beantragt.
Der Eintragungsantrag an das Grundbuchamt könnte so aussehen:
Als Anlage erhalten Sie eine beglaubigte Abschrift der
Grundschuldbestellungsurkunde vom ...., URNr. ...
Ich beantrage gemäß § 15 GBO
-die Eintragung der Grundschuld nebst Unterwerfungsklausel
-die Eintragung des Wirksamkeitsvermerks bei der Vormerkung
und der Grundschuld
Der 4. Schritt:
Im Falle der Erteilung einer "Rangbescheinigung -
Notarbestätigung" erleichtern wir den Banken das Verständnis
dieser Neuerung. Hierzu der Formulierungsvorschlag:
Rangbescheinigung
Darlehenssache
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Anlage übersende ich Ihnen
meiner Urkunde vom , URNr. .
Ich erteile Ihnen folgende Bestätigung,
für deren Richtigkeit ich nur Ihnen gegenüber die amtliche
Haftung übernehme:
1. Am habe ich dem Grundbuchamt in
die vorgenannte Urkunde gemäß § 15 GBO auch in Ihrem Namen zum
Vollzug der darin gestellten Anträge vorgelegt.
2. Durch gleichzeitig mit der
Antragstellung vorgenommene Grundbucheinsicht habe ich
festgestellt:
a) Eigentümer des zu belastenden
Gegenstandes
b) folgende Belastungen und Beschränkungen
sind eingetragen:
in Abt. II
Eigentumsvormerkung für die Käufer;
Eheleute .....
in Abt. III:
Der Vormerkungsberechtigte hat
in der Grundschuldbestellungsurkunde der Grundschuld zugestimmt.
Es ist beantragt, im Grundbuch bei der Grundschuld und der
Vormerkung den Vermerk einzutragen, daß die Grundschuld dem
Vormerkungsberechtigten gegenüber wirksam ist. Dieser
Wirksamkeitsvermerk hat dieselbe Rechtswirkung wie eine Rangänderung.
3.Auf Grund meiner am Tage der
Urkundenvorlage durchgeführten Nachforschungen sind mir keine
Umstände bekannt, die der Eintragung des Grundpfandrechtes
in Abt. II an 2.
Rangstelle nach der vorgenannten Eigentumsvormerkung
in Abt. III an
entgegenstehen.
Meine Kenntnis beruht auf einer
Einsicht in das Grundbuch und die Grundakten Blatt ........
4. Weitere Voraussetzungen für
den Vollzug der in der o.g. Urkunde gestellten Anträge ist, daß
der Eintragungsantrag nicht zurückgenommen wird, die
Gerichtskosten fristgerecht gezahlt werden bzw. Befreiung hiervon
gewährt wird und Eintragungshindernisse (z.B. Belastungsverbot
durch einstweilige Verfügung) nicht entgegenstehen.
Auf die in der
Grundschuldbestellungsurkunde vom , - Urk.R.Nr. -, auf Seite
getroffenen Vereinbarungen darf ich ausdrücklich hinweisen.
Hochachtungsvoll
Notar
Ich hoffe, daß Sie durch meine Anleitung in 4. Schritten
angeregt werden, auch in Ihrem Notariat in Zukunft anstelle der
Rangänderungslösung den Wirksamkeitsvermerk einzusetzen.
Wie beantworte ich die Rückfragen der Banken, die diese
Methode noch nicht kennen?
Nach Umstellung unserer Bearbeitungsweise mußten wir Rückfragen
einiger Banken beantworten, die von dem Wirksamkeitsvermerk noch
nichts gehört hatten.
Auch heute kommt es noch, jedoch nur noch vereinzelt vor, daß
solche Anfragen beantwortet werden müssen.
Dabei ist es am besten,
-
- sich durch Lesen der Literatur, die ich genannt habe, mit
dem Wesen des Wirksamkeitsvermerkes vertraut zu machen,
um dies der Bank in einfachen Worten erklären zu können,
-
- auf den BGH-Beschluß vom 25.3.1999 zu verweisen, der
Bank gegebenenfalls die Seiten 90-91 des DNotI-Report Nr.
10/99 zu faxen,
-
- vielleicht dem Sachbearbeiter einfach diesen Aufsatz des
Reno-Reportes zuzufaxen.
Welche Kosten entstehen beim Grundbuchamt?
Lehmann schrieb 1993 in seiner grundlegenden Veröffentlichung:
"Beim Wirksamkeitsvermerk gibt es kein Gebührenproblem. Er
ist, wenn er gleichzeitig mit dem Finanzierungsgrundpfandrecht
eingetragen wird, gebührenfreies Nebengeschäft."
Diese Auffassung wurde auch vom LG Saarbrücken im Beschluß
vom 12.9.1996 - 5 T 449/96 - DNotI-Report 22/1996 Seite 206 -
bestätigt.
Leider hat mit Beschluß vom 26.2.1998 - 3 Z BR 277/97 das
BayObLG entschieden, daß für die Eintragung des
Wirksamkeitsvermerkes eine Viertelgebühr nach § 67 KostO zu
erheben ist.
Die Begründung der Bayern ist meiner Ansicht nach an den
Haaren herbeigezogen und vermag nicht zu überzeugen.
Deshalb ist in Rechtspfleger Heft 8/9 von 1998 Lehmann in
seiner Anmerkung zum Beschluß dieser Auslegung entschieden
entgegengetreten.
Auch Notar Dr. Johann Frank, Amberg, lehnt in seinem Aufsatz
"Das Ende des Wirksamkeitsvermerks" in der MittBayNot
1998 Heft 4, S. 228 ff, diesen Beschluß eindeutig ab.
Sehr intensiv - mehr als 4 Seiten lang - beschäftigt sich
Notar Dr. Peter Schubert aus Hof in dem vorher schon erwähnten
Aufsatz mit den Kostenfragen. Auch er hält den bayerischen
Kostenbeschluß für falsch und stimmt den Ausführungen von
Lehmann uneingeschränkt zu.
Wenn Sie in Zukunft mit dem Wirksamkeitsvermerk arbeiten,
sollten Sie dort, wo Grundbuchämter nach dem Vorbild der Bayern
die 1/4-Gebühr verlangen, entsprechende Rechtsmittel einlegen,
damit neben der Literatur, die fast einhellig den gleichzeitig
eingetragenen Wirksamkeitsvermerk als gebührenfreies Nebengeschäft
ansieht auch die Rechtsprechung zu diesem Ergebnis kommt.
Für die Einführung des Wirksamkeitsvermerkes steht aber
nicht die Gebührenfrage im Vordergrund. Auch bei fehlerhaftem
Verhalten des Grundbuchamtes (1/4-Gebühr) entstehen keine höheren
Kosten als bei der Rangänderung.
Wichtig ist die eindeutige und klare Lösung der Rechtsfragen
durch den Wirksamkeitsvermerk.
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